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Allgemeinverfügung zum Verbot der Wasserentnahme aus oberirdischen Gewässern und Einschränkung der Nutzung des Grundwassers

Ketzin, den 27. 06. 2022

Der Landrat des Landkreises Havelland erlässt als untere Wasserbehörde folgende


ALLGEMEINVERFÜGUNG

 

1. Die Wasserentnahme aus oberirdischen Gewässern durch das Pumpen oder Ableiten wird gemäß §§ 44 und 45 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG) für alle Oberflächengewässer des Landkreises Havelland verboten.

 

2. Wasserrechtliche Erlaubnisse, die eine Entnahme von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer zu Bewässerungszwecken zulassen, werden gemäß § 18 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) widerrufen. Nach Außerkraftreten dieser Allgemeinverfügung treten die wasserrechtlichen Erlaubnisse im ursprünglichen Umfang wieder in Kraft. Dies gilt nicht für Wasserentnahmen mittels Saugwagen zur Bewässerung von Bäumen und Sträuchern auf öffentlichem Grund.

 

3. Die Bewässerung von Grün- und Gartenflächen wird mit Bekanntmachung bis zum 31. Juli 2022 von 20:00 Uhr bis 08:00 Uhr begrenzt.

 

4. Die Bewässerung von Grün- und Gartenflächen wird ab dem 1. August 2022 bis zum 31. August 2022 von 19:00 Uhr bis 09:00 Uhr begrenzt.

 

5. Die Bewässerung von Grün- und Gartenflächen wird ab dem 1. September 2022 bis zum 30. September 2022 von 18:00 Uhr bis 09:00 Uhr begrenzt.

 

6. Die Bewässerung bezieht sich auf die Nutzung von Gartenwasserbrunnen, Trinkwasser des Wasserversorgers und gesammeltes Regenwasser.

 

7. Die Allgemeinverfügung tritt mit sofortiger Wirkung nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft und gilt bis zum 30. September 2022.

 

8. Sofern eine Wasserentnahme zur Vermeidung erheblicher Schäden im Einzelfall unbedingt erforderlich ist, kann ein Ausnahmeantrag schriftlich bei der unteren Wasserbehörde, Platz der Freiheit 1, 14712 Rathenow oder per Fax unter 03321 403-5460 gestellt werden.

 

9. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 bis 5 dieser Verfügung wird angeordnet.

 

Begründung
Der Landkreis Havelland ist als untere Wasserbehörde gemäß § 100 WHG i. V. m. §§ 124 und 126 BbgWG zuständig. Rechtsgrundlage der Allgemeinverfügung ist § 45 i. V. m. § 44 BbgWG i. V. m. §§ 25, 26 und
46 WHG. Nach §§ 44, 45 BbgWG kann die untere Wasserbehörde im Einzelfall oder durch Allgemeinverfügung die Ausübung eines Teilbereichs des Allgemein- und Anliegergebrauchs oder den Gemeingebrauch insgesamt regeln, beschränken oder verbieten, um Beeinträchtigungen und Gefahren für die Allgemeinheit oder für Einzelne zu verhindern. Gemäß § 46 WHG sind Grundwasserentnahmen für den Haushalt einschließlich Gartenwasserbrunnen nur dann erlaubnisfrei, soweit keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu besorgen sind. Die Bewässerung von Grün- und Gartenflächen führt tagsüber zu übermäßiger Verdunstung und widerspricht damit der gebotenen sparsamen Verwendung gemäß § 5 Abs. 1 Punkt 2 WHG. Die einzeln erlaubten Wasserentnahmen, insbesondere mittels Saugwagen zum Zweck der Bewässerung von Bäumen und Sträuchern auf öffentlichem Grund, werden durch diese Allgemeinverfügung nicht berührt. Diese Allgemeinverfügung ist aufgrund der viel zu geringen Wasserführung an den Fließgewässern und dem erheblichen dramatischen Absinken des Wasserstandes der Seen und Teiche erforderlich. Mit dem Verbot der Wasserentnahme aus den Oberflächengewässern soll dieser besorgniserregenden Entwicklung, verbunden mit der Gefahr der Verschlechterung der Wasserqualität, entgegengewirkt werden. Die zeitliche Beschränkung der Grundwasserentnahme gemäß § 46 WHG ist erforderlich, weil durch die Bewässerung tagsüber bei sommerlichen Temperaturen ein besonders hoher Wasserverlust eintritt. Die Festsetzung unterschiedlicher Zeiträume gemäß der Punkte 3, 4 und 5 dieser Allgemeinverfügung berücksichtigt die unterschiedlichen Zeiten von Sonnenauf- und Sonnenuntergang im Jahresverlauf. Weiterhin befinden sich die Grundwasserstände unterhalb des Bereiches langjähriger Mittelwerte bis hin zum Niedrigwasser (gemessene tiefste Grundwasserstände). Der Erlass dieser Allgemeinverfügung erfolgt im pflichtgemäßen Ermessen im Sinne des § 40 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Die festgestellte Gefahrenlage für die Allgemeinheit oder für Einzelne überwiegt entgegenstehenden Interessen. Die Untersagung ist sowohl geeignet, erforderlich, als auch angemessen, weil sie keinen Nachteil herbeiführt, der erkennbar außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck der Abwendung der Gefahr für die Allgemeinheit oder für Einzelne steht. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung unter Punkt 8 der Allgemeinverfügung erfolgt gemäß § 80 Absatz 2 Nummer 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im öffentlichen Interesse. Durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung entfällt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. Eine aufschiebende Wirkung würde dazu führen, dass bestehende Wasserentnahmen fortgesetzt werden können und dadurch die Gewässersituation weiter verschlechtert wird. Durch weitere Entnahmen wäre der zur Aufrechterhaltung von gewässerökologischen Vorgängen erforderliche Mindestabfluss nicht mehr gewährleistet. Demgegenüber treten eventuell vorhandene Individualinteressen zurück. Zudem kann zum Schutz der Allgemeinheit nicht abgewartet werden, bis die Rechtmäßigkeit dieser Verfügung nach einem Klageverfahren bestätigt wird.

 

Hinweis
Illegale Wasserentnahmen können gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 103 Abs. 2 WHG mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR geahndet werden.

 

Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Landkreis Havelland, Der Landrat, Platz der Freiheit 1, 14712 Rathenow einzulegen. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 4 VwGO hat ein Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung keine aufschiebende Wirkung. Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt werden. Der Antrag ist beim Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Str. 32, 14467 Potsdam, zu stellen.

 

Rathenow, den 17.06.2022
gez.
Lewandowski
Landrat